CESNI-Sitzung vom 30. April 2020

11/05/2020

Aufgrund der COVID-19-Pandemie fand die Sitzung des Europäischen Ausschusses zur Ausarbeitung von Standards in der Binnenschifffahrt (CESNI) am Donnerstag, dem 30. April 2020, per Videokonferenz statt. Dabei wurde an die erfolgreichen Erfahrungen der ständigen Arbeitsgruppen CESNI/TI und CESNI/QP angeknüpft, die im April bereits auf diese Weise getagt hatten. An der Sitzung nahmen neun Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, die Schweiz und die Tschechische Republik) sowie die Europäische Kommission, die Flusskommissionen (Donau, Mosel, Rhein, Save), neun vom CESNI anerkannte Verbände (CEMT, EDINNA, ETF, GERC, IVR, ESO, SEA Europe, EBU, VBW) und die Ukraine als Beobachterstaat teil. Den Vorsitz des Ausschusses führte unter diesen besonderen Umständen erstmals Herr Vojtech Dabrowski, Vertreter der Tschechischen Republik.

 

 

COVID-19-Pandemie: Diskussion über aktuelle und zukünftige Maßnahmen

 

Im Mittelpunkt der Diskussionen standen die durch die COVID-19-Pandemie ausgelöste aktuelle Krise und ihre schwerwiegenden Auswirkungen auf die europäische Binnenschifffahrt.

Alle Teilnehmer der CESNI-Sitzung wollten eine gemeinsame, abgestimmte Botschaft aussenden, um den Sektor in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen. In Erwartung anstehender gesetzgeberischer Maßnahmen, insbesondere auf ZKR– oder EU-Ebene, sprach sich der CESNI dafür aus, einen offenen Brief zu verfassen und den Mitgliedstaaten zu empfehlen, eine etwaige Überschreitung der Gültigkeitsdauer von Zeugnissen, Erklärungen und anderen Binnenschifffahrtsdokumenten, die von nationalen Behörden ausgestellt werden, nicht zu ahnden, und gleichzeitig am Ziel einer sicheren und nachhaltigen Binnenschifffahrt festzuhalten. Der Ausschuss lud zudem die Branche und die Untersuchungskommissionen ein, die Untersuchung und Zertifizierung von Schiffen so weit wie möglich fortzusetzen und/oder wieder aufzunehmen. Des Weiteren kam der CESNI überein, sein Arbeitsprogramm 2019-2021 mit Unterstützung seiner Arbeitsgruppen vor dem Hintergrund der Gesundheitskrise zu überprüfen.

Die Wichtigkeit der bei der Sitzung geführten Diskussionen bestätigten die Rolle des CESNI als europäische Austauschplattform, die für diese Art von Fragen besonders geeignet ist, ohne dabei seinen Zuständigkeitsbereich aus den Augen zu verlieren. Angesichts der aktuellen Krise und ihrer gravierenden Auswirkungen auf die europäische Binnenschifffahrt sollte die Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren des Sektors, einschließlich der Staaten, der Europäischen Kommission, der Flusskommissionen und der Gewerbe- und Branchenvertreter, in den kommenden Monaten mehr denn je fortgesetzt werden.

 

Fortsetzung der Arbeiten in den Bereichen technische Vorschriften, Berufsbefähigungen und Informationstechnologien

 

Die Arbeit des CESNI und seiner Arbeitsgruppen in den Bereichen technische Vorschriften für Binnenschiffe, Berufsbefähigungen und Informationstechnologien ist für die nachhaltige Sicherung der Prosperität und Sicherheit der europäischen Binnenschifffahrt von wesentlicher Bedeutung.

 

CESNI/PT – Technische Vorschriften für Binnenschiffe

 

Im Bereich der technischen Vorschriften für Binnenschiffe wurde die Einrichtung einer nichtständigen Arbeitsgruppe für Brennstoffzellen auf Binnenschiffen beschlossen, dies auf Vorschlag Deutschlands und in enger Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten und dem Sektor. Die Hauptaufgabe der neuen nichtständigen Arbeitsgruppe wird darin bestehen, einen Entwurf für technische Vorschriften für den Einsatz von Brennstoffzellensystemen auf Binnenschiffen zu erstellen, der auch auf die Lagerung, Verteilung und Aufbereitung von Brennstoffen (insbesondere Methanol und Wasserstoff) eingeht. Damit wurde die Rolle des CESNI bei der Förderung von Innovationen und der Begleitung von Pilotprojekten erneut untermauert.

Zudem billigte der CESNI die Veröffentlichung eines Merkblatts zur „Berichtsvorlage für die Untersuchung des Schiffskörpers“ auf seiner Website. Diese Vorlage, die auf Vorschlag Kroatiens im Anschluss an den fruchtbaren Austausch bei der Tagung der Schiffsuntersuchungskommissionen 2018 in Wien entwickelt wurde, ist für die Untersuchungskommissionen bestimmt, die noch nicht über ein solches Instrument verfügen.

Der Standardentwurf ES-TRIN 2021/1 wurde ebenfalls fertiggestellt, wobei auf der CESNI-Sitzung die letzten noch offenen Fragen erörtert wurden und die Annahme des Entwurfs für Oktober 2020 geplant wurde. Das Inkrafttreten dieser neuen Ausgabe des Europäischen Standards der technischen Vorschriften für Binnenschiffe ist vorbehaltlich der notwendigen Anpassung der Regelwerke (insbesondere der EU und der ZKR) für Anfang 2022 vorgesehen. Die wichtigsten Themen der Ausgabe 2021 lauten:

  • Tragbare Feuerlöscher;
  • Lithium-Ionen-Akkumulatoren;
  • Bereitstellung und Benutzung individueller Gehörschutzmittel;
  • Senkung der Lärmgrenzwerte für fahrende und liegende Schiffe;
  • Türen in Wohnungen;
  • Klarstellungen zur Gültigkeit des Unionszeugnisses auf dem Rhein.

Das CESNI-Sekretariat arbeitet derzeit an einem Erläuterungsentwurf zu diesen Änderungen.

Des Weiteren lud der Ausschuss seine Arbeitsgruppe CESNI/PT ein, die Arbeit zu den Einrichtungen zum Sammeln und Entsorgen von häuslichen Abwässern fortzusetzen. Dieses vorrangige Thema betrifft Einrichtungen auf Fahrgastschiffen, die bereits in Betrieb sind. Im Rahmen weiterer Arbeiten sollen die Auswirkungen einer solchen Maßnahme auf europäischer Ebene bewertet werden. Diese sollen 2020 durchgeführt und bei der nächsten Sitzung des Ausschusses vorgestellt werden.

 

CESNI/QP – Berufsbefähigungen

 

Im Bereich der Berufsbefähigungen prüfte der CESNI auf der Sitzung zwei neue Standards, die von der Arbeitsgruppe CESNI/QP bei ihrer virtuellen Sitzung am 22. April fertiggestellt worden waren:

  • Standards für die grundlegende Sicherheitsausbildung von Decksleuten
    Das Hauptziel ist die Schaffung eines harmonisierten europäischen Ausbildungsrahmens. Die Richtlinie (EU) 2017/2397 verlangt für Decksleute auf Einstiegsebene den Abschluss einer grundlegenden Sicherheitsausbildung entsprechend den nationalen Anforderungen. Solche nationalen Anforderungen gibt es oft noch nicht. Die Standards sorgen daher für ein hohes Niveau der Sicherheitsanforderungen für alle Besatzungsmitglieder;
  • Standards für Standardredewendungen in vier Sprachen
    Die Richtlinie (EU) 2017/2397 verlangt die Fähigkeit zur Verwendung von Standardwendungen für die Kommunikation über nautische Belange sowohl auf Betriebsebene (Matrose, Bootsmann, Steuermann) als auch auf Führungsebene (Schiffsführer). Gegenwärtig gibt es keinen offiziellen Katalog von Standardredewendungen, der alle relevanten nautischen Situationen abdeckt. Die Arbeitsgruppe CESNI/QP hat sich auf die nützliche Arbeit der Ausbildungsinstitute im Rahmen des deutsch-niederländischen INTERREG-Projekts gestützt, das Redewendungen in die mobile Anwendung LE SINCP integriert.

Die Annahme dieser beiden neuen Standards ist für die CESNI-Sitzung im Oktober 2020 geplant. Sie ergänzen den Europäischen Referenzrahmen ES-QIN, den Europäischen Standard für Qualifikationen in der Binnenschifffahrt.

Bei der Sitzung im April wurde auch die Veröffentlichung der Erläuterungen zum ES-QIN 2019 auf der neuen CESNI/QP-Webseite genehmigt. Dieses Informationsdokument betrifft insbesondere die im Oktober 2019 angenommenen Standards für Muster von Besatzungsdokumenten:

  • Befähigungszeugnisse (Schiffsführer, LNG-Sachkundiger, Sachkundiger für die Fahrgastschifffahrt)
  • Mit Befähigungszeugnissen zusammengeführte Schifferdienstbücher
  • Zeugnisse über praktische Simulatorprüfungen
  • Schifferdienstbücher
  • Bordbücher

Die Erläuterungen dokumentieren die Merkmale der Muster, die Anweisungen zum Ausfüllen der Muster und die mit ihrer Verwendung verbundenen Folgen. Sie geben zudem einen Überblick über die aktuelle Situation in der Binnenschifffahrt in diesem Bereich und enthalten Einzelheiten zu den von den Mustern zu erfüllenden Anforderungen, zu möglichen Alternativen und zum Nutzen der Übernahme der Standards.

 

CESNI/TI – Informationstechnologien

 

Im Bereich der Informationstechnologien traf der CESNI eine Grundsatzentscheidung, wonach ein neuer europäischer Standard für Binnenschifffahrtsinformationsdienste, ES-RIS, geschaffen werden soll, der alle technischen Spezifikationen für Binnenschifffahrtsinformationsdienste (Inland ECDIS Standard, Inland AIS Standard, Standard Nachrichten für die Binnenschifffahrt, Standard für elektronische Meldungen und Test Standard für Inland AIS) bündeln soll. Ein erster Entwurf könnte Ende 2020/Anfang 2021 vorliegen.

Bei der Sitzung im April wurde zudem der Entwurf des Test Standards für Inland AIS 2021/3.0 im Hinblick auf eine Annahme im Herbst 2020 erörtert. Dieser Standard legt die Anforderungen an Prüfmethoden und erforderliche Ergebnisse für Inland AIS-Geräte an Bord fest. Der Test Standard für Inland AIS wurde überarbeitet, um mit der technischen Entwicklung und dem neuen normativen Rahmen Schritt zu halten.

 

Anerkennung der European Association of Developers of Inland Nautical Software (EADINS)

 

Der CESNI freute sich, EADINS den Status eines anerkannten nichtstaatlichen Verbandes verleihen zu können, und lud die Vereinigung ein, sich künftig an seinen Arbeiten, insbesondere im Bereich der Informationstechnologien, zu beteiligen. EADINS ist eine nichtstaatliche Organisation nach belgischem Recht, ohne Erwerbszweck. Sie vertritt eine Vielzahl von Unternehmen, die an der Entwicklung von an Bord oder an Land verwendeter Software im Bereich der Binnenschifffahrtsinformationsdienste (RIS) beteiligt sind, und wirkt aktiv an der Implementierung der RIS und der Umsetzung von Lösungen für die Automatisierung und Digitalisierung der Binnenschifffahrt mit.

 

Sonstiges

 

Der CESNI erörterte schließlich auch mehrere Aspekte seiner internen Arbeitsweise. So prüfte der Ausschuss den Status der Beobachterstaaten, die an seiner Arbeit, insbesondere in seinen nichtständigen Arbeitsgruppen, teilnehmen. Es wurde vereinbart, die Beratungen zu diesem Thema in den kommenden Monaten fortzusetzen. Der Ausschuss gab zudem eine befürwortende Stellungnahme zu einer Änderung seiner Geschäftsordnung ab, die bei der Annahme von Standards die Möglichkeit vorsieht, in Ausnahmefällen auf ein schriftliches Verfahren zurückzugreifen. Die vorgeschlagene Änderung soll in den kommenden Wochen formalisiert werden. Nichtsdestotrotz kam der Ausschuss überein, sich mit diesem besonderen Punkt der Geschäftsordnung weiter zu befassen.

 

Kommende Sitzungen und Veranstaltungen

 

Der CESNI plant für den 12. Oktober 2020 in Straßburg einen Workshop zur Datenerhebung über Unfälle in der Binnenschifffahrt. Die Veranstaltung wird sich auf die Harmonisierung der Datenerhebung über Unfälle in der Binnenschifffahrt in Europa konzentrieren und insbesondere auf den Datenaustausch und Unterschiede in der Methodik eingehen. Weitere Informationen werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Die nächste Sitzung des CESNI ist für den 13. Oktober 2020 in Straßburg terminiert. Sollten sich die Dinge wie erhofft entwickeln, freut sich der Ausschuss darauf, seine Mitglieder bald wieder im Palais du Rhin willkommen zu heißen.

Anlässlich des 5. Jahrestags des CESNI, dessen Gründung und erste Sitzung im Juni 2015 stattfand, sind für das Jahr 2020 zudem verschiedene Kommunikationsmaßnahmen geplant, darunter ein Quiz über den CESNI und eine besondere Veranstaltung für Binnenschifffahrtsschulen und Ausbildungseinrichtungen. Um das Bewusstsein für die Aufgaben und Tätigkeiten des Ausschusses in der europäischen Binnenschifffahrt zu schärfen und den Meinungsaustausch darüber zu fördern, soll diese Veranstaltung im Rahmen der nächsten CESNI/QP-Sitzung am 4. November in Zusammenarbeit mit EDINNA, den Sozialpartnern und mehreren lokalen Akteuren organisiert werden. Weitere Informationen zu dieser Initiative werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.